70 Jahre Vertreibung – Gedenkveranstaltung der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bayern in Nürnberg
Durch die derzeit kontrovers diskutierten Flüchtlingswellen rückt plötzlich Flucht und Vertreibung der Nachkriegsjahre 1945/1946 wieder in das Gedächtnis zurück. Vergleiche werden gezogen, wenn auch nichts Vergleichbares vorliegt.
„Schaffen wir das?“ ist eine der zentralen Fragen heute. Vor 70 Jahren gab es diese Frage nicht. Mehr als drei Millionen Deutsche verloren zwangsweise durch Flucht und Vertreibung ihre Heimat in Böhmen, Mähren und Sudeten-Schlesien. Zählt man die anderen Vertreibungsgebiete insbesondere Schlesien, Ost- und Westpreußen, Pommern usw. hinzu, waren mehr als 13 Millionen betroffen, knapp 2,5 Millionen Menschen verloren dabei ihr Leben.
Die Eingliederung war nicht einfach, eine Willkommenskultur war – auch angesichts der großen Nachkriegsnot – nur selten vorhanden. Doch die Eingliederung ist zusammen mit der Tatkraft der einheimischen Bevölkerung gelungen. Als Vierter Stamm Bayerns prägen die Sudetendeutschen und ihre Nachkommen – neben den Franken, Schwaben und Altbayern – das Gesicht des Freistaates. Sie sind Brückenbauer nach Tschechien und Mitgestalter eines Europas in Frieden und Freiheit.
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft, gedachte mit der zentralen Veranstaltung „70 Jahre Vertreibung“ im Historischen Rathaussaal Nürnberg der Ereignisse. Die Festrede hielt der Bayerische Heimatminister Dr. Markus Söder. „Vertreibung ist und bleibt Unrecht“, „wir müssen uns erinnern“, „unser Dank gilt den hervorragenden Aufbauleistungen der Sudetendeutschen“, „die Benesch-Dekrete können nicht akzeptiert werden“, „trotzdem sind die Sudetendeutschen Friedensbauer“ waren einige der zentralen Aussagen in Söders Festrede. Gerichtet an die aktuelle Aufnahmesituation führte Söder aus: „ Wir helfen und werden weiter helfen“, aber die Asylanten müssen sich anpassen und nicht umgekehrt. Auch für diese realitätsbezogene Aussage erntete Söder großen Beifall.
Einen weiteren Höhenpunkt bildete das Zeitzeugengespräch mit Sigrid Leneis und Hans Schmitzer geführt von Frank Altrichter. „Wir mussten innerhalb von 30 Minuten mit knapp 30 kg Gepäck gehen. Ich war von heute auf morgen kein Kind mehr. Von Hilfe gegen die Traumatisierung war nie die Rede“. Aber, wir hatten die gleiche Muttersprache, die gleiche Kultur und die gleiche Religion“. Angekommen aufgenommen, dies hat Jahre unter sehr starken Einschränkungen gedauert. Auch Hunger war etwas sehr schreckliches und ist kaum erklärbar. Heimat kommt in der deutschen Sprache nur in der Einzahl vor. Trotzdem sind die Sudetendeutschen –vor allem in Bayern- sehr gut angekommen. „Wir wollen Bayern sein, aber Sudetendeutsche bleiben“. Dies ist aber gleichzeitig „Verpflichtung“ betonte Hans Schmitzer. „Die Verantwortung zur Weitergabe der Geschichte und der damit verbundenen Erfahrungen liegt an uns selbst“. „Unsere Nachkommen müssen wir also weiterhin deutlich einbinden“.
Noch anzumerken am Rande ist ein Reifenschaden am Bus der Bayreuther Gruppe kurz vor Nürnberg. Der Fahrer hat umsichtig reagiert, es gab keinen Personenschaden, aber eine kurze Ver-spätung zum Beginn der Veranstaltung.