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Der Komotauer Todesmarsch

Die Vertreibung
 

Ein ausführlicher Zeitzeugenbericht
des Komotauer Todesmarsches und
der Begleit- Ereignisse

 

Inhalt:

  1. Die Schreckensnacht auf der Glashütte
2. Die Tragödie auf dem Jahnspielplatz
. Der Todesmarsch nach Gebirgsneudorf
4. Die Hölle von Maltheuern-Weg zur Fron



          7.Juni 1945


 Das Objekt der alten Glashütte, das man vor allem einmal unter Verwendung von Unmengen von Stacheldraht zu einem ersten  provisorischen Konzentrationslager hergerichtet hatte, war schon zufolge seiner abgeschnittenen Lage weit außerhalb der Stadt die ideale Mordstätte. Hier gab es keine unerwünschten Zeugen der Geschehnisse jener Tage , hier sah niemand den Tod, wie er mit Geißel und Pistole peitschend und mordend durch die Düsternis der alten Betriebsanlagen strich, hier hörte niemand das Schreien, das Stöhnen und den vielfach langes Quälen abschließenden Knall von Schüssen. Bis auf die unglücklichen Häftlinge selbst. Und die wollte man schon irgendwie mundtot machen, so sie am Leben blieben. An die 250 Häftlinge waren schon in den allerersten Tagen in dieses Lager eingeliefert worden., darunter auch mehrere kaum der Schule entwachsene Buben und Frauen. Auch die Frauen wurden wie die Männer kahlgschoren, mißhandelt, gedemütigt, geschlagen,getreten. Wie lähmend griff es mir ans Herz, so oft ich ihr Schreien und Weinen hörte und unvergeßlich werden mir diese Eindrücke bleiben, wie die vielen anderen , für die der Begriff Unmenschlichkeit kaum erschöpfend genug das verbrecherisch - Abscheuliche dieser Exzesse zum Ausdruck bringt.
Ich will von Kokoff sprechen. So wurde er von einem unserer Leute, der ihn kannte, genannt. Er war der Initiator des "Großappells", der die Massenerschießungen in der Nacht des 7.Juni 1945 einleitete. Und er war selbst der aktivste unter den Mordgesellen. Die nächtlichen Appelle waren an sich besonders gefürchtet, denn vielfach ging es der Lagerwache nicht nur darum, sich selbst einen Spaß zu bereiten, was oft genug geschah. Sie waren fast durchweg passionierte Schläger, als Rowdies auf den ersten Blick zu erkennen. Und einer suchte den anderen zu übertreffen. Ich könnte hier im einzelnen von dem "Dompteur" sprechen, der mit Matrosenleibchen und einer französischen Matrosenkappe besonders auffallend kostümiert war und der unablässig peitschend, immer zwei, drei Schritt vor , einen zurück, durch den Raum tänzelte, von dem "Kutscher" und wie wir sie sonst bezeichneten, und die alle eines gemeinsam hatten - ihre grenzenlose Brutalität - aber das würde hier zu weit führen.

Unsere Qual war ihr Vergnügen.  Oft brachten sie auch fremde Gäste mit zu den abendlichen und nächtlichen Appellen, Leute die auch ihern Spaß haben sollten und die nun ihrerseits die Häftlinge zum Zielpunkt wüster Schlägereien und Beschimpfungen machten. Besonders die Weiber zeichneten sich dabei aus, im Spucken, Schlagen, und der Stimmungsmache überhaupt, und die Posten traten dann immer bereitwilligst mit in Aktion, um ihren Gästen mit zusätzlichen Mißhandlungen der wehrlosen Deutschen ihre besondere Sympathie unter Beweis zu stellen. Das was der Hauptinhalt der Nachtappell , die meist mit wüsten Auspeitschungen ausgewählten Fälle in der Prügelzelle abschlossen, aus der uns noch stundenlang das markerschütternde Schreien der Gemarterten in die Ohren Klang, bis es schließlich in Röcheln versandete oder wie in einem Fall in ein unartikuliertes Singen überging, weil der Unglückliche vor Angst und Schmerz den Verstand verlor, bis sein Leben im Knall eines Schusses vollends erstarb...

Als wir in der Nacht des 7. Juni wachgepeitscht wurden, dachten wir wieder an einen der üblichen Appelle. Aber als wir einer Gruppe sich in den Raum drängender, uniformierter und bewaffneter Fremder ansichtig wurden, an ihrer  Spitze der berüchtigte "Kokoff", der schon Jahre früher in Komotau gesehen worden war und der sich nun als Führer einer Parisanengruppe präsentierte, die schreiend ins Lager gekommen war, da erfüllten uns im Augenblick dunkle Ahnungen. Kokoff, ausgepräter Typ eines Balkanesen- rassiges Gesicht, dunkle Hautfarbe, ein nicht ganz blutreiner Tscheche, wie es heißt, führte das Wort hier. Er hatte anscheinend völlig freie Hand. Vom Lagerkommandanten ist nichts zu sehen. Heute kommandiert Kokoff. Das Käppi schief auf den Scheitel gesetzt , die Zigarette lässig im Mundwinkel hängen lassend, das Gewehr schwingend und laut rufend: "SS uns SA raustreten!", so polterte er mit seinem Anhang, darunter auch ein Mann in der Uniform eines Gendarmen, durch unseren Raum. "SS! Freiwillige SA!" schrie ein anderer dazwischen. Ob er Angehörige der SA- Standarte "Feldherrnhalle" gemeint hatte, die sich m.W. aus Freiwilligen rekrutierte? Oder meinte er die Heimat - SA , deren Angehörige ja auch Freiwillige waren? Aus den Nachbarstuben waren bereits mehr und mehr Männer auf den Hof hinausgetreten und zögernd, blaß vor Angst und Aufregung traten auf den neuerdings wiederholten Befehl auch in unserer  Stube mehrere Männer vor. Die drei SS Männer, die zu unserer Zellengemeinschaft zählten und eine Anzahl von Männern unserer Heimat- SA. Andere, selbst bekannte SA-Führer, blieben in den Reihen stehen., obgleich die Partisanen gedroht hatten, die Lagerlisten zu holen und zu kontrollieren, ob sich alle die befohlenen Männer gemeldet hätten. In dieser Stunde gab es keinen Verrat. Wer geglaubt hatte, diesem Befehl folgend vortreten zu müssen, der ging. Und kümmerte sich nicht um den Nebenmann. Eine Verständigung untereinander war ohnedies nicht möglich. Es waren das Augenblicke von hochdramatischer Spannung, denn es war uns ziemlich klar, was nun kommen werde. Nach dem Antreten auf dem grell erleuchteten Hof folgte ein Nachtsport besonderer Art. Wir sahen alles durch das Fenster unserer Zelle. Und wir hörten auch die auf tschechisch gegebenen Kommandos "Nieder!" "Auf!" "Kniebeugen!" usw. Fort und fort. Dazwischen Peitschenschläge und wildes Schreien der Partisanen. Und dann sahen wir   voll Entsetzen, wie man Mann um Mann mit der Pistole vor sich her , an den Fenstern unseres Raumes vorbei, ins freie Gelände trieb. Schüsse fielen. Immer mehr. Und immer wieder holten sich die Mörder neue Opfer.

Große Schiebetür zur früheren Glasmacherei;  rechts war ein fensterloser Holzverschlag eingerichtet,
der Juli/ August 1945 als "Marodka" diente, aus der die Häftlinge in der Regel nicht mehr lebend herauskamen.



Links am Fuße der Schornsteine das Haus der KZ- Wache; daran anschließend (ehem. Packsäle) das helle Gebäude war die Unterbringung der Häftlinge, "Prügelraum" und eine Werkstatt. Rechts davon werden einige Gräber vermutet. Sie waren mit Betonplatten abgedeckt auf denen landwirtschaftliche Geräte stehen.




Kokoff hatte anscheinend die Anzahl derer, die ihm vors Gewehr mußten, sorgfältig gezählt. Jedenfalls brüstete er sich, als er nach diesem ersten Akt der Tragödie in dieser Nacht mit seinen Komplizen in die Stuben zurückkehrte, mit dem Hinweis darauf, daß er nun bereits  17 "selbst umgelegt" habe und daß er sich nun noch ein paar nehmen wolle. So bemächtigete sich nun der Männer in den Stuben ein neues, furchtbares Erschrecken. Kokoff und die Männer seines Kommandos, wohl zehn an der Zahl, hatten Blut gesehen. Sie hatten noch nicht genug an Opfern ihrer Mordlust. An jeder Wand stand noch eine Reihe Männer, an der Stirnwand, der gegenüber dem Tor, eine Doppelreihe und ich hier im 2. Glied. Ein Umstand, dem ich es, zum Teil jedenfalls,  zu verdanken hatte, daß ich diese Nacht überlebte. Kokoffs Ungeduld, das grausame Morden fortzusetzen , war sichtlich groß.

Er ging, gefolgt von seiner Garde, lächelnd erst einmal quer durch den Raum, schlug dabei, so en passant, einem ehemaligen Polizeibeamten , den er wohl kannte, den Gewehrkolben mit derartiger Gewalt auf den Kopf, daß ich stark annahm, der Unglückliche wäre auf der Stelle tot gewesen. Dem war aber nicht so. Ich habe ihn bei einer späteren Gelegenheit wieder gesehen. Der Kolbenhieb war eigentlich ein Segen für ihn in dieser Nacht, denn als Verletzter , der wie leblos, mit aufgeschlagenem Schädel, in der Ecke lag, blieb er bei der folgenden Auswahl von Opfern Kokoffs außer Betracht. Und Kokoff brauchte noch Opfer. Während er mit zwei oder drei Männern seines Anhangs die Reihen durchkämmte, begann eine zweite Gruppe bei der Reihe gegenüber.Jeder einzelne der Männer wurde gefragt, wer er sei, wo er gearbeitet habe usw. Kokoff suchte Schuldige. Aber er war nicht sehr wählerisch. Sein Fragen war so eine Art  Tarnung seines   zügellosen Mordtriebes. Tatbestände konstruierte er verblüffend rasch. Sagte einer, er wäre soeben erst von der Front zurück gekommen, dann brauchte Kokoff nicht viel zu wissen. Denn er war ja auch, so erklärte er, Frontkämpfer. Nur gehörte er zu den anderen. Und da ihm der Deutsche mit der Waffe in der Handgegenüber gestanden, dünkte sich Kokoff in seinem Entschluß, den unschuldigen Heimkehrer nun sogleich niederzuknallen, genügend gerechtfertigt. Und so , wie er diesen einen zu Tode führte, so fand er auch bei vielen anderen, die er "verhörte", Beweise dafür, daß sie sich hinreichend schuldig gemacht hätten, um nun mit ihrem Leben zu sühnen.

Ein Arzt ist nun an der Reihe. Er trägt die Binde des Roten Kreuzes am Arm. Im Gespräch mit den Parisanen bedient er sich der tschechischen Sprache, die er gut beherrscht. Ich kann nicht verstehen, was gesprochen wird. Der Kokoff begleitende Gendarm kennt Dr. K. jedenfalls von früher her. In erregter Sprache wendet er sich diesem zu  und schließlich mit den Worten: "Vy jste spatne clovek!" vollends der Mordgier Kokoffs zu überantworten. So mußte auch Dr. K. die Arme hochheben und im Laufschritt vor Kokoff her auf die Todeswiese laufen. Einer mußte sterben, weil er trotz seines tschechisch klingenden Namens als Deutscher treu zu seinem Volke stand. Drei Jungen, wohl kaum der Schule entwachsen, die angeblich weggeworfene Waffen aufgenommen und verborgen hatten und deshalb schon Tage vorher den unmenschlichsten Quälereien ausgesetzt waren, erhielten ebenfalls die Mordkugeln, obwohl sie bis zuletzt ihre Unschuld beteuert hatten. Und noch manch einer ging in dieser Stunde seinen letzten Weg. Die Toten mögen sich hinter den dunklen Mauern  wohl schon zu Haufen getürmt haben

 
Wohl jeder von uns  hatte in dieser Schreckensnacht mit seinem Leben abgeschlossen. Was konnte man noch tun? Flüsternd bittet man den Nebenmann, den Angehörigen letzte Grüße zu bestellen, so er das Glück haben sollte, das Massaker zu überleben. Und verspricht es für den anderen auch zu tun. Und dann sieht man, innerlich aufgewühlt, aber doch eigentlich ohne Furcht, den kommenden Augenblicken entgegen. Man hat sich mit allem abgefunden. Bald wird wohl der Schuß, der mir gehört, durch die Nacht peitschen. Nie mehr werde ich meine Lieben sehen...


Kokoff hatte bereits die Reihe , in der ich stand, in Bearbeitung genommen. Da kam einer der Lagerposten, der kleinste und wohl auch jüngste von allen, plötzlich in den Raum , seinen Gesten  nach vielleicht alkoholisiert,   Kokoff am Arm unterhakend und mit einer wegwerfenden Bewegung gegen uns, aus dem Raum zog. Kokoff ging erst zögernd, und dann, als ihm der Posten etwas zugeflüstert hatte, bereitwillig mit. Und mit ihm die Meute seiner Komplizen. Das war Rettung in höchster Not. Langsam löste sich die Spannung und es wurde ruhig. Die Ruhe des Todes lag über dem Lager. Man könnte sich wieder zum Schlaf legen. Aber es schläft keiner von uns mehr in dieser Nacht. Nur die da draußen ruhen, still und stumm.......

Steil ist das Gelände hinter Schloß Eisenberg

Der Eisenberger Wald, durch den die Todeskolonne getrieben wurde.

Mit Genehmigung des Eugen Diederich Verlages,Düsseldorf/Köln,dem Buch "Unterwegs" von Emil Merker entnommen.

9.Juni 1945: Komotau, der Samstag der vergangenen Woche. Eine neue Kundmachung ist auf den Anschlagsäulen angeklebt: Alle Deutschen  männlichen Geschlechts vom 14. bis zum 65. Lebensjahr haben sich ausnahmslos bis 10 Uhr vormittags auf dem Jahnspielplatz einzufinden. Gegen die der Anordnung nicht Folge Leistenden...

Man leistete Folge und fand sich ein, vom Knaben bis zum Greis. Es kamen die Burschen und Männer aus Werkstatt, Fabrik, Geschäft, Büro. Es kamen die Geistlichen, die Ärzte aus dem Krankenhaus, Geradegewachsene, Krüppel, Gesunde und Kranke, soweit sie vermochten, sich herbeizuschleppen. Es kamen, halb aus Angst und halb aus Zutrauen alle, die ganze männliche Einwohnerschaft der Stadt; mit Flüchen, Gelächter und Kolbenstößen empfangen und zu Haufen zusammen getrieben.

Höhere tschechische Offiziere trafen ein, einer hielt in gebrochenem Deutsch eine Ansprache: Nun sei die Stunde der Rache gekommen; aber nicht Rache solle geübt werden , nur Vergeltung....

Kommando: Deutschlandlied, Führerdank im Sprechchor, Hitlergruß. Und man stimmte an: "Deutschland, Deutschland über alles..."! und hob den Arm, und sprach im Chor: "Wir danken unserem Führer!"

Dann beginnt es: "Ausziehen, Hemd herunter! Suche nach dem SS Mal. Und Gummiknüppel, Hundepeitschen, Geißeln saußen nieder. Gebrüll, Gelächter der mehr und mehr in Rausch und Extase Geratenden; Schreie der Zusammenbrechenden. Blutunterlaufene, zu einer  unkennlichen Masse anschwellenden Leiber, blutüberstömte Rücken, Schultern, von denen die Hautfetzen hängen.


"Hitlerjunge?" Der Halbwüchsige, von Kindheit an gelehrt, immer die Wahrheit zu sagen, bebt sein Ja hervor. Da pfeift ihm auch schon die Hundepeitsche übers Gesicht. Ein Mann arbeitet sich aus dem Haufen, den Buben mit seinem Leib zu decken. Es ist der Vater. Einander umschlungen haltend stürzen sie unter den niederhagelnden Hieben zusammen.


Einem anderen, einem großen Blonden wird ein Hitlerbild in die Hände gedrückt: Ob er den kenne? Sicher habe er ihm den Eid der Treue bis in den Tod gelobt; "Los, avanti, lauf!" Er läuft, und die Heibe prasseln auf ihn nieder. "Bruderherz, laß ihn mir!" "Mir,mir!" jauchzt man einander zu. Er bricht in die Knie, rafft sich wieder auf, läuft, das Bild in den Händen, im Zickzack, ein ratloses Tier in Todesnot; taumelt, stürzt, liegt, den Mund , wie ihm befohlen, zum Kuß auf das blutbesudelte Bild gedrückt. Ein Fußtritt ins Genick bereitet ihm das Ende. "Erledigt!"


Sie sterben zu schnell. Man muß es anders machen. Kübel kalten Wassers werden über die Verröchelnden geschüttet, sie wieder zum Leben zu erwecken. Einem völlig Entblößten wird unter entfesseltem Gejohle mit einem Messer ein Hakenkreuz in die Haut gerissen, darauf die klaffende Wunde mit Salz bestreut. Ein anderer hat eine noch glorreichere Idee: Er knüllt eine Zeitung zusammen, zündet sie an und hält sie dem Sterbenden unter das Geschlecht.


Auf dem Weg zur Arbeit

Kohlezeichnug von Karl Heinz Wagner



Dieser Befehl hing
in Komotau am
9.6.1945 aus

Deutsche Übersetzung

Geschrei, Tumult, Gelächter, einer singt; Gewinsel, Geröchel in ihrem Blut verzuckende Leiber.
Schrille in Wahnsinnsangst ausgestoßene Rufe noch nicht mutierter Knabenstimmen nach der Mutter.

Die Mütter, die Frauen ? Die Fenster aller Häuser ringsumher sind zu .Es ist strenger Befehl ergangen, daß sich niemand blicken lasse. Aber da schaut doch eine herunter; sie weiß nichts von dem Verbot, oder vermag sich aus Angst um ihren Mann oder Sohn nicht zu beherrschen? Ein Schuß, mit einem Aufschrei sinkt sie in das Zimmer zurück. Noch an einem zweiten Fenster entdeckt man jemand. Tschechische Soldaten dringen in das Haus und bringen die "Verbrecherin" eine ungefähr Sechzigjährige, geschleppt. Man holt einen Stuhl herbei. Aus Menschlichkeit wohl, weil die Schlotternde sich nicht auf den Beinen halten kann?

Oh nein, um sie darüber zu legen und mit Gummiknüppeln zu verprügeln, bis sie sich nicht mehr rührt.Ich saß mit geschlossenen Augen in meinem Winkel, aber hinter gesenkten  Lidern sah ich diese "Richtstätte", wie ich sie tausendmal in meiner Jugend gesehen; den weiten von den  hohen Bäumen des alten Parkes  majestätisch umrauschten Platz. Manche von denen, deren Blut ihn jetzt tränkte, waren wohl mit spielheißen Wangen dem Fußball nachgerannt; oder hatten in begeisterten Massenkundgebungen flammenden Herzens Zeugnis für ihr Volk abgelegt. Nun waren sie Blutzeugen geworden.
Aber auch die Lust an der Grausamkeit wird einmal welk. Als die Sonne in mittäglicher Glorie über den Parkbäumen steht und die Stätte der Orgie in blendenden Glanz taucht, werden die noch Überlebenden zum Tore hinaus getrieben, vorbei an dem Haufen der Leichen. Die Blicke, die über sie hinstreifen, bedauern sie nicht; sie beneiden sie: die haben es hinter sich...

Heutiges Werk Maltheuern

Gegenseitige Prügel

9.Juni 1945: Nach den grausigen Exzessen auf dem Jahn- Spielplatz trieb man die anderen hinaus zur Stadt. In Sechserreihen gegliedert, begann nun, dem Weinberg empor, der Todesmarsch. Alle Fenster der Stadt und in den Dörfern waren geschlossen. Nirgends zeigten sich Menschen. Und wo sich wirklich ein verängstigtes Gesicht hinter den Gardinen sehen ließ, wurde unbarmherzig hineingeschossen. Die Kolonne schien endlos, 6000 bis 8000 mochten es gewesen sein. Darunter auch viele Alte und Kranke.
Die Bewachung war noch verstärkt worden. Alle 10 bis 15 Meter ging ein Soldat mit schußbereiter Maschinenpistole. Hinter dem Zug fuhr ein LKW mit aufgestelltem Maschinengewehr. Jeder fragte sich im stillen: Was wird es nun an neuer Teufelei geben !? Bald ging es vorbei am Alaunsee, über Udwitz durch Görkau nach Rothenhaus. Ja, wir sahen dich noch einmal, liebe Heimat, die wir dich immer mit frohem Herzen in allen deinen Winkeln durchforscht und erwandert hatten. Verhülle dein Antlitz und weine mit deinen Söhnen die hier wie Tiere dahingetrieben werden, einem unbekannten Schicksal entgegen.

Die Wachmannschaft

Hetze auf Menschen mit Hunden

Unterschrift des Lagerkommandanten Ramisch

9.Juni 1945: Nach den grausigen Exzessen auf dem Jahn- Spielplatz trieb man die anderen hinaus zur Stadt. In Sechserreihen gegliedert, begann nun, dem Weinberg empor, der Todesmarsch. Alle Fenster der Stadt und in den Dörfern waren geschlossen. Nirgends zeigten sich Menschen. Und wo sich wirklich ein verängstigtes Gesicht hinter den Gardinen sehen ließ, wurde unbarmherzig hineingeschossen. Die Kolonne schien endlos, 6000 bis 8000 mochten es gewesen sein. Darunter auch viele Alte und Kranke.
Die Bewachung war noch verstärkt worden. Alle 10 bis 15 Meter ging ein Soldat mit schußbereiter Maschinenpistole. Hinter dem Zug fuhr ein LKW mit aufgestelltem Maschinengewehr. Jeder fragte sich im stillen: Was wird es nun an neuer Teufelei geben !? Bald ging es vorbei am Alaunsee, über Udwitz durch Görkau nach Rothenhaus. Ja, wir sahen dich noch einmal, liebe Heimat, die wir dich immer mit frohem Herzen in allen deinen Winkeln durchforscht und erwandert hatten. Verhülle dein Antlitz und weine mit deinen Söhnen die hier wie Tiere dahingetrieben werden, einem unbekannten Schicksal entgegen.

weiter

Gedenkstätte in Deutschneudorf. Sie wurde an der Stelle errichtet, an der die
Manner aus Komotau den russischen Offizierenübergeben werden sollten.

 

Geweihte Erde an der
Gedenkstätte Deutschneudorf

 

Berüchtigtes Maltheuern

Auf dem Weg zur Arbeit

Die Erschießung der Sedlaks

 

Der Todesmarsch

 

Da wurde Laufschritt befohlen.Gewehrkolben und Peitschen halfen nach. Ein politischer Leiter in Uniform mußte, mit einem Hitlerbild in der Hand, um den Zug laufen. Er hat es nicht lange getan. Bald darauf sah ich andere aus der Reihe fallen und am Wegrand vor Erschöpfung zusammensinken (Willomitzer). Und nun geschah das Furchtbare.
Die Tschechen hatten ein Nachkommando bereitgestellt mit der Aufgabe, alles, was zurückblieb, mit einem Genickschuß zu erledigen. Weiter ging es. Durch Kunersdorf- Bartelsdorf- Eisenberg. Immer öfters knallten hinter uns Schüsse, die Mörder hatten Hochbetrieb.Von Eisenberg ging es nun die steile Gebirgsstraße dem Kamm des Erzgebirges entgegen. Schweigend nahm der Wald die Kolonne auf. Zu immer größeren Hasten trieben uns die Tschechen an, immer toller wurde die Schießerei. Mit leerem Magen und von Durst gequält hasteten wir vorwärts. Neben mir Herr Schulrat Fritsch, vor mir stolperte Piano- Lutz.
Dann die ersten Häuser von Gebirgsneudorf. Wird der Todesmarsch hier sein Ende finden ? Tatsächlich hieß es: "Halt". Das erste Mal halt, das erste Mal ausruhen. Indessen war es dunkel geworden. Der Morgen brachte nichts Neues. Da und dort fingen welche an, Gras zu "fressen". Am dritten  Tag früh mußten wir wieder auf der Straße antreten. Es ging aber nicht über die Grenze, sondern zurück. Bald wußten wir, was das neue Ziel unseres Marsches war. Es ging in das Kohlebecken von Brüx, in das große Hydrierwerk von Maltheuern. Die Tschechen brauchten Arbeitssklaven. Wir sollten sie sein. Eine neue Station auf unserem Leidensweg tat ihre Pforten auf.



Wohl an die tausendmal zog ich die endlos graue Straße, den Schornsteinen entgegen, die weit vor uns im Nebel staken. Und vor mir und neben mir und lange noch im Rücken marschierte Mann um Mann, ein jeder blaß und ernst und voll Gedanken im Angesicht der heimatlichen Berge, die, nah zum Greifen, uns das Herz voll Sehnsucht luden, denn hinter ihnen lag ja doch die freie Welt, die wir nur still noch rechnen durften. Und so ging jeder der Verbannten stumm und zag dahin, den müden Schritt doch rasch gestrafft,
 Und so ging jeder der Verbannten stumm und zag dahin, den müden Schritt doch rasch gestrafft. Und wenn die schrille Stimme eines jener jungen Hasser uns in die Ohren gellte, dann riß es auch den stillsten Träumer rasch wieder in die rauhe Wirklichkeit und wie die anderen auch, so stapfte er, nichts mehr als nur die Nummer, die er trug, gehorsam hin zur Stadt der Fron, die da , schon näher nun, mit ihren wuchtigen Silhouetten in bald schier überwältigender Größe aus dem ewig milchweißen Kessel wuchs. Noch einmal geh ich diesen Weg... Klack, klack,klack- tönt lauter jetzt der Tritt der Männer durch den kleinen Ort, den sie durchschreiten.
 Feindselig hart verzerrte Gesichter, mit zu Schimpf und Fluch geformten Lippen lugen durch die Fenster, auch auf der Straße begegnet uns solch häßlich Blicken und Gebärden. Da wieder springt ein Wildling in den Riesenzug, an den Gezeichneten durch Spucken und Schrei`n und Schlagen seinen Mut zu proben. Wir hören nichts, wir spüren`s nicht - es ist ja Tag um Tag derselbe Haß, der uns, ob hier , ob dort, entgegenschlägt. Nichts bringt uns aus dem Gleichmaß unseres stummen Trottes, nur tief in uns wächst riesenhaft der dumpfe Schmerz des so Getretenen. Die Wächter halten uns jetzt doppelt scharf im Aug und wehe dem , der es noch nicht vermocht, die Schmach zu dulden, ohne aufzuschreien. So zwingen wir mit Blicken uns zur Ruhe.Verstohlen wischt wohl einer Zornestränen aus den Augen. Und rasch stößt warnend einer seinen Vordermann, weil der, im Wirbel des Geschehens, seinen Schritt verlor. Sogleich schlägt dann auch wieder dessen Sohlenholz wie das der anderen rhytmisch gut und recht den Takt des Marsches auf die harte Bahn.
 Gleich sind wir auch am Ziel. Da spannt sich schon das wohlbekannte Doppelnetz  aus spitzem Draht. Da sind auch die Türme mit den Reflektoren, aus denen lange Kegel grellen Lichts gespenstisch in die Weite greifen. Maschinenwaffen zeigen drohend ihre Münder. Soldaten stehen vor dem Tor, der Schlagbaum hebt sich hoch. Kommandorufe und schon fliegen alle Köpfe und lauter noch als sonst dröhnt jetzt der Schlag der Schritte. Das ist der Einmarsch vor der Wache.
Unendlich schier wälzt sich der acht Mann breite Strom erbarmungswürdiger Menschen soldatisch stramm und streng hinein in das gewaltige Werk, aus dem es uns wie eine Höllensymphonie aus Rollen, Kreischen, Hämmern in die Hirne tobt. Das Lied der Arbeit tönt hier dumpf und kalt und grell und unser Ohr hört nichts als Dissonanzen. Das ist kein Lied, das Menschen je erfreut, weil diese Arbeit hier - auf ihr liegt Fluch - niemals der Arbeit Segen findet.
"Tscheche nix gute Mensch !"

Berichterstatter Ing. K.L.

....Am 10.August 1945 kam ich von der Glashütte nach Maltheuern, ins Lager 27. Die Bewachung hatte ebenfalls tschechisches Militär. Von einem tschechischen Leutnant und einigen Soldaten wurden uns hie die letzten Habseligkeiten, die uns noch von der Glashütte geblieben waren , weggenommen. Der Menschenschinder Blaschkowitz fungierte hier als Dolmetscher. Für den Besitz eines kleinen Stückchens Seife, eines Stückchen Papiers, Bleistiftes oder gar Geldes gab es schwere Mißhandlungen. Alle Insassen eines Lagers (Trestance war am Eingang auf einer Aufschrift zu lesen) mußten an der linken Brust und am rechten Oberschenkel mit ihrer Nummer gekennzeinet sein. Nur die deutschen Kommunisten und Sozialdemokraten trugen eine rote Armbinde, mußten aber ebenso Sklavenarbeit verrichten wie alle übrigen Deutschen. Eines Tages, es kann im September 1945 gewesen sein, wurde eigens verlautbart, daß die auch roten Armbinden zu verschwinden hätten.
Eines Tages gab es im Lager ein interessantes Gespräch. Der Kommandant des Kinderlagers 17/18, in dem deutsche Kinder bis zu 13 Jahren herunter, ebenso wie die Erwachsenen schwerste Sklavenarbeit verrichten mußten, dieser Kommandant, sein Name war so ähnlich wie Sindelar, hätte Selbstmord begangen. Man hätte bei ihm über 200 gestohlene Uhren und eine Unmenge von Wertgegenständen, Schmuck und Geld gefunden, die er seiner Regierung abzuliefern "vergessen" hatte. Für Raub und Diebstahl war die Regierung der CSR einzig und allein zuständig. Nun zog es dieser Kommandant vor, sich vor seiner Verhaftung selbst ins Jenseits zu befördern.
Überhaupt darf es den Beneschtschechen nicht gelingen, ihre unmenschlichen Verbrechen, die sie begangen haben, auf andere abzuwälzen. Oft genug mußten russische Soldaten den im Blutrausch Wütenden in den Arm fallen und bremsen, wenn die Bestialität das Tierische überschritt. Man hörte oft von russischen Soldaten den Ausspruch: "Tscheche nix gute Mensch!"  
Im Monat Juli 1945 wurden fünfzehn Kranke mit Lungentuberkulose, welche zu einem Invalidentransport zusammengestellt waren, von einem Militärkordon unter dem Befehl eines Offiziers erschossen, wofür als Begründung Verhütung einer Epidemie angegeben wurde. Im Monat August 1945 wurde vor der angetretenen Belegschaft des ganzen Lagers ein Sträfling von einem tschechischen Militärkordon erschossen, weil er im Hydrierwerk angeblich aus einem Treibriemen ein Stück herausgeschnitten hatte , um sich daraus Schuhsohlen zu machen, was als Sabotage ausgelegt wurde. Kadle Vlasak schoß seinen Hofnarren in den Kopf, als er ihm zum Spaß seinen Zylinderhut vom Kopf schießen wollte. Als der Erschossene bereits im Sarg lag, gab er ihm noch zwei Schüsse ins Herz, weil er noch nicht ganz tot war.
Am furchtbarsten und demütigendsten waren die ständigen Prügel. Die Prügel fingen schon bei der Einlieferung in das Lager an. Es wurde den Eingelieferten zunächst alles abgenommen, darauf wurden sie glatt rasiert, geschoren und geprügelt. Dann mußten sie stundenlang in der prallen Sonnenglut an einer gegenüberliegenden Wand stramm stehen, welche wir deshalb Klagemauer nannten. Prügel gab es mit der Faust, der Peitsche und dem Gummikabel. Prügel gab es bei Tag und bei Nacht, keine Nacht war Ruhe, jede Nacht gab es Prügel, Geschrei, Schüsse und Peitschenknallen. Nachts drangen Tschechen von auswärts in das Lager ein. Die Gefangenen wurden von den Pritschen geholt und bis zur Bewußtlosigkeit geprügelt. Dann wurde den Bewußtlosen Salzwasser in die Augen geschüttet und die Schnurrbarthaare und Augenwimpern mit brennenden Streichhölzern angezündet, bis sie wieder zu sich kamen. Dann ging die Prügelorgie weiter, bis die Peiniger vor Erschöpfung nicht mehr konnten oder die Gequälten mit dem letzten Stöhnen verendeten
Die Prügelorgien bestanden aus einem raffinierten Foltersystem. Die Gefangenen wurden zuerst mit Ohrfeigen, Faustschlägen und Gummikabel in das Gesicht, auf den Kopf und den Körper geschlagen und mit Fußtritten und Kniestößen in den Bauch, in die Hoden und gegen die Schienbeine getreten, bis sie zusammenbrachen. Dann stiegen die entmenschten Tschechen auf die liegenden Körper und traten und sprangen mit den Stiefeln darauf herum. Ein besonderer Sport bestand darin, daß die Männer den Kopf in die Hundehütte stecken mußten und von rückwärts auf das nackte Gesäß geprügelt wurden. Unvergeßlich blieb mir die Szene, wo halbnackte Menschen im Staube kriechen und Gras raufen mußten, indessen der tschechische Sklavenhalter in der Mitte mit der Peitsche auf die nackten Leiber knallte.
Strecke des Todesmarsches: Komotau - Görkau - Schloss Rothenhaus - Kunnersdorf - Bartelsdorf - Eisenberg - Gebirgsneudorf - Deutschneudorf (Sachsen) - Nickelsdorf - Obergeorgenthal - Niedergeorgenthal - Maltheuern (= Záluzí).
Schloss Rothenhaus - Kunnersdorf - Bartelsdorf - Eisenberg - Gebirgsneudorf - Deutschneudorf (Sachsen) - Nickelsdorf - Obergeorgenthal - Niedergeorgenthal - Maltheuern (= Záluzí).

Das Feieobmdlied
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