Gedenken der Sudetendeutschen zum Tag des Selbstbestimmungsrechts,
Erinnerung und Mahnung an den 04. März 1919
In Form einer Gedenkstunde mit Kranzniederlegung am Vertriebenendenkmal an den Schlossterrassen erinnerte die Sudetendeutsche Landsmannschaft Orts- und Kreisgruppe Bayreuth an die Missachtung des Selbstbestimmungsrechts der Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien im Jahr 1919.
Weshalb begeht die Sudetendeutsche Landsmannschaft diese Gedenkfeier?
Sie will durch „Erinnern und Mahnen" dafür eintreten, dass Missachtungen des Selbstbestimmungsrechts der Menschen und Vertreibungen in Gegenwart und Zukunft dauerhaft geächtet werden. Rund 66 Millionen Menschen sind derzeit betroffen. Eine schreckliche Zahl.
Manfred Kees, Vorstandssprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bayreuth betonte die besondere Bedeutung des Selbstbestimmungsrechtes und die darin enthaltene Forderung für ein demokratisches System für alle Völker dieser Erde. Die Frage des Selbstbestimmungsrechts der Völker hat noch nie eine solche Aktualität entfaltet, wie in der heutigen Zeit. Weniger Leid, weniger Flüchtlinge, weniger Integrationsprobleme, mehr Europa könnte als Fazit stehen, wenn das Selbstbestimmungsrecht völlige Gültigkeit erlangen würde.
Unter den Teilnehmern begrüße Manfred Kees Peter Meyer, Vizepräsident des Bayrischen Landtages, Hermann Hübner, CSU, Landrat des Landkreises Bayreuth, Dr. Stefan Specht, CSU, Stadt- und Bezirksrat und Fraktionsvorsitzender, Stadtrat Halil Tasdelen, SPD, Stadtrat Stephan Müller, Fraktionsvorsitzender der Bayreuther Gemeinschaft (BG), die Stadträte Christine Düreth-Trat, Heinz Hofmann und Dr. Torsten Lange, alle BG, Günter Dörfler, CSU, Kreisrat und gleichzeitig als Vertreter der Marktgemeinde Weidenberg, Robert Fischer, Geschäftsführer des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge Oberfranken, Margareta Michel, Banater Schwaben, Helmut Hempel, BdV Kreisvorsitzender, Margaretha Michel, Kreis- und Bezirksvorsitzende und Mitglied im Präsidium der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft sowie den Pressefotografen Andreas Harbach vom Nordbayerischen Kurier.
Die Gedenkansprache hielt die Oberbürgermeisterin der Stadt Bayreuth, Brigitte Merk-Erbe. Sich dem Vergessen entgegenzustellen, so die Oberbürgermeisterin, gehört zu den Verdiensten der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die mit dem Gedenktag des 4. März 1919 zum einen an die Opfer und die Missachtung des Selbstbestimmungsrechtes erinnert, aber zum anderen eben auch und insbesondere mit diesem Gedenktag die Zukunft Europas im Blick hat.
Gibt doch die gegenwärtige politische Entwicklung in Europa Anlass zu Sorge, Sorge um den europäischen Einigungsgedanken, Sorge um die uns alle verbindende Wertegemeinschaft eines friedliebenden, von gegenseitigem Respekt getragenen toleranten, humanen und freiheitlich-demokratischen Europas.
Diese Idee von Europa hat uns in den vergangenen Jahrzehnten seit dem Ende der Nazi-Diktatur materielle und politische Stabilität gebracht.
Doch in der aktuellen politischen Gegenwart müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Europa sich großen Herausforderungen gegenübersieht.
Globalisierung, Armut und Not auf anderen Kontinenten, Menschen, die vor Krieg und Terror nach Europa fliehen, Klimawandel, radikale Veränderungen in der Arbeitswelt, weltweiter Terrorismus.
Lange stand außer Frage, dass ein gemeinsames Europa die Basis für Frieden ist und zugleich ein Gebilde für Wirtschaftswachstum und zudem auch ein gemeinsames zu Hause sein kann und sein soll, ein gemeinsames zu Hause für Briten, Franzosen, Deutsche, Belgier, Tschechen, Polen, Ungarn und all die anderen Nationen und Völker der EU.
Doch jetzt scheinen sich Skepsis und Europafeindlichkeit Platz zu schaffen, die nationalen Egoismen sie werden in der öffentlichen Diskussion immer lauter, statt Kooperation, wird Abschottung, statt Vertrauen wird Misstrauen, statt kultureller Toleranz wird Nationalismus gepredigt.
Nicht nationale Egoismen sondern einzig Friede und Gerechtigkeit sind Grundlage für unsere gemeinsame Zukunft in Europa. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Selbstbestimmung, das alles ist nicht von alleine da, es braucht Einsatz und Engagement, es braucht Schutz, es braucht Wachsamkeit und es braucht Erinnern.
Die Oberbürgermeisterin erinnerte weiter daran, dass am Bayreuther Hauptbahnhof im Jahr 1946 fast 40.000 Sudetendeutsche in Eisenbahnzügen ankamen. Etwa ebenso viele Menschen kamen aus anderen Gebieten wie Schlesien, Pommern oder Ostpreußen und anderen Gebieten.
Die Bayreuther Stadtgesellschaft hat in diesen Jahren eine enorme Integrationsleistung geschultert. Rund 20.000 Heimatvertriebene sind dauerhaft in der Region geblieben.
1939 hatte Bayreuth rund 45.000 Einwohner, zehn Jahre später zählte die Stadt über 55.600 Einwohner. Der Anteil der Vertriebenen lag damals in Bayreuth bei rund 23 Prozent, im Landkreis bei bis zu 40 Prozent.
Die Eingliederung der Heimatvertriebenen hat die kulturelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Struktur der Stadt und der Region wesentlich beeinflusst.
Neue Unternehmen - nur als Beispiele seien genannt, Markgraf, Weihermüller, oder Wiesner - entstanden im Stadtgebiet ebenso wie im Landkreis, „denken Sie beispielsweise nur an die Glasindustrie in Warmensteinach oder Fichtelberg“ führte die Oberbürgermeisterin wörtlich aus.
„Und so haben die Sudetendeutschen die Geschichte unserer Stadt wie der Region in den vergangenen Jahrzehnten auf unterschiedlichen Gebieten in erheblichem Maße mit beeinflusst“.
Diese Entwicklung gilt es auch zu dokumentieren. Dabei geht es um den Plan einer Dauerausstellung, die die Aufnahme, Herkunft, Schicksal und Eingliederung oder auch den Einfluss auf die Stadtentwicklung dokumentiert.
Ich kann Ihnen heute noch keine Räumlichkeiten anbieten und/oder finanzielle Zusagen machen, aber ich kann Ihnen versichern, dass wir weiter an diesem Thema arbeiten“ so die Oberbürgermeisterin wörtlich.
Den Ausführungen der Oberbürgermeisterin schlossen sich von Mitgliedern der Sudetendeutschen Landsmannschaft vorgetragenen Gedenkanliegen an. Gemeinsam mit Diakon Dr. Goldhammer beteten die Teilnehmer das Vater unser. Das Schlusswort sprach die Kreisvorsitzende Margarethe Michel, Pegnitz unter besonderen Hinweis auf die Verluste der Ungarn und der Türkei nach 1918.
Musikalisch umrahmte Manuel Loder mit seiner Trompete die Gedenkfeier in hervorragender Weise trotz der Kälte und Regenschauer.