Am Samstag, 22. Oktober 2016, 10.00 Uhr fand eine Gedenkveranstaltung aus Anlass der 70. Wiederkehr der Vertriebenentransporte nach Bayern in Wiesau/Oberpfalz statt. Die Sudetendeutsche Landmannschaft des Stadt- und Landkreises Bayreuth nahm zahlreich an dieser Gedenkveranstaltung teil.
Der wilden Vertreibung unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg folgten 1946, also vor 70 Jahren, die organisierten Vertreibungstransporte. Insgesamt mehr als drei Millionen Deutsche aus Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien verloren in diesen Jahren ihre angestammte Heimat – entrechtet, enteignet, entwurzelt. Neben Furth im Wald und Hof-Moschendorf war der oberpfälzer Marktflecken Wiesau eine der großen Durchgangsstationen für die Vertriebenen in Richtung Westen. Mehr als 860 000 Sudetendeutsche kamen in Güterwaggons gepfercht am Bahnhof Wiesau an und mussten untergebracht und versorgt werden. Auch Bayreuth war damals mit 39 281 Sudetendeutschen davon betroffen. Daran erinnert eine Gedenktafel am Hauptbahnhof Bayreuth.
Mit der Gedenkveranstaltung in Wiesau/Oberpfalz wurde neben der Erinnerung vor allem Bayern für die Aufnahme gedankt. Gleichzeitig setzte die Veranstaltung aber auch ein weiteres Signal zur Bereitschaft für Versöhnung und ein Signal zur gemeinsamen Gestaltung des europäischen Raumes mit den tschechischen Nachbarn. "Vertrieben - Angekommen - Aufgebaut. Der Zukunft verpflichtet" war der Festakt im Pfarrzentrum "St. Michael" überschrieben. Die Festansprache hielt Emilia Müller, MdL, Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration. Eine umfangreiche Fotoausstellung erinnerte an das Leben im Grenzdurchgangslager, Zeitungsausschnitte an Zeitzeugen. Besonders bestaunt wurde das von Karl-Heinz Ehrenfried gebaute Lagermodell im Foyer. Für die musikalische Umrahmung sorgte der "Musikverein Wiesau und Umgebung" unter der Leitung von Patrick Oroudji und ein abschließender - musikalischer Gruß aus Graslitz - gespielt von Peter Rojik, gesungen von Vera Smrzová.
Neues Zuhause gegeben 1. Bürgermeister Toni Dutz, Wiesau sprach "vom bedeutendsten Moment seiner Amtszeit". Erinnerte an die ersten Züge, Dutz beschrieb den Aufbau des Lagers und die damalige Situation vor 70 Jahren. Privatgrundstücke wurden beschlagnahmt, um das Lager überhaupt errichten zu können. Eine deutliche Abfuhr erteilte er der Meinung, man
könne die heutige Flüchtlingssituation mit der von damals vergleichen. "Deutsche wurden in deutsches Sprachgebiet vertrieben."
Die Gemeinde Wiesau habe mit ihrer Gastfreundschaft einen Beitrag dazu geleistet, heimatlosen Menschen ein neues Zuhause zu geben. "Wir tun gut daran, wenn Europa endlich lernt Unrecht auch als Unrecht zu betrachten." An den im Pfarrheim anwesenden Generalkonsul von Ungarn, Gábor Tordai-Lejkó, gewandt, erinnerte er an den Beginn des Volksaufstandes am 23. Oktober 1956. Der Jahrestag sei ein schöner - aber auch bedeutender Zufall. Anerkennung galt auch dem europäischen Partner Kroatien, dessen Generalkonsul ebenfalls dem Festakt beiwohnte.
Emilia Müller, Staatsministerin
"Unsere Essenskultur änderte sich. Liwanzen und böhmische Knödel bereicherten plötzlich unseren Mittagstisch", erinnerte sich Staatsministerin Emilia Müller, 1951 in Schwandorf geboren, an die Nachkriegszeit daheim. Jahrzehntelang musste man mit dem "Eisernen Vorhang" leben. "Der Dialog zwischen den beiden Nachbarländern sei - auch dank der Sudetendeutschen - wieder aufgenommen worden." Als "Brückenbauer" sei der 4. Stamm der Bayern zu einem wichtigen Leistungsträger der Völkerverständigung geworden. "Wir sind auf dem richtigen Weg", fügte die Staatsministerin anerkennend hinzu. "Ihre Geschichte ist auch ein Teil unserer Geschichte."
Großartige Leistung Der Festakt sei aber auch Anlass all derer zu gedenken, die die Vertreibung nicht überlebt haben. Das Mahnmal am Bahnhof bezeichnete die Oberpfälzerin als ein steinernes Symbol der Hoffnung. "Wiesau als leuchtendes Beispiel einer großartigen Integrationsleistung hat sich in die Herzen der Flüchtlinge eingeprägt." Was damals gelang, dürfe mit Recht als Integrationswunder bezeichnet werden. Integration sei aber nur dann möglich, wenn auch der Wille dafür vorhanden sei. Die Flüchtlinge hätten ihr Wissen, ihr Können und ihre Talente mit- und eingebracht. "Daher ist Bayern auch ein gutes Stück vorangekommen."
Brückenbauer und Leistungsträger
Obwohl untergebracht in Baracken wurden diese Lagerund Elendsquartiere zu Symbolen der Hoffnung, zu Toren in die Freiheit. Von dort erfolgte die Verteilung auf Sammellager in ganz Bayern.
In ihrer Festansprache bezeichnete Staatsministerin Emilia Müller die Sudetendeutschen als "Brückenbauer" und wichtige Leistungsträger der Völkerverständigung. "Ihre Geschichte ist auch ein Teil unserer Geschichte. Gestaltet aber wird sie jetzt und heute!"
Manfred Kees
25.10.2016
Quelle: Manfred Kees, auszugsweise aus Bericht Adolf Markus
Die Kranz-
niederlegung
Landesobmann Steffen Hörtler
Gedenkstunde "Wir danken Wiesau"
Begrüßung
Max Früchtl,
Pfarrer St. Michael, Wiesau
Toni Dutz,
1. Bürgermeister, Wiesau
Dr. Alfred Scheidler
1. Stellvertreeteender Landrat Tirschenreuth
Festrednerin Emilia Müller
Bayer. Staaatsministerin für Arbeit,
und Soziales, Familie und Integration
Miniiisterin Müller
Horst Kunz,
Heimatkreisverein Kaaden
Mitte: Manfred Kees
Vorstandssprecher
OG Bayreuth
Johann Slezak,
Obmann Oberbayern
Die eerste Reihe
Impressionen
Verleihung Lodgmann Medaille
an Bezirksobmann Niederbayern/Oberpfalz
Gudrun und Helmut Hempel
Verleihung Dr, von Lodgmann Medaille
An LO Steffen Hörtler
Dr. von Lodgmann Plakette
(Dr. Rudolph Lodgmann von Auen war der erste Sprecher der