Das Egerland als eine der bedeutendsten Krippenlandschaften Böhmens kennt viele begnadete Schnitzerhände. Hin und wieder tauchen deren Werke wieder auf. Sie werden heute von Museen und Sammlern hoch geschätzt und gesucht. Zudem erfuhr nach der Vertreibung 1945/46 die Krippenkultur eine erneute Belebung. Vielfach wurden nur wenige Krippenfiguren aus der Hauskrippe im Gepäck mitgenommen. Umso mehr schätzt man das Mitgebrachte als Erinnerung an die alte Heimat. Auch die wertvollen geschnitzten und bemalten Figuren, die nach mündlicher Überlieferung aus einer alten Egerer Kirchenkrippe stammen, erfreuen sich im Egerland-Museum einer hohen Wertschätzung. Entsprechend werden sie als Inszenierung in einer nachgestellten böhmischen Krippenlandschaft in der Dauerausstellung präsentiert.
Die betreffenden Krippenfiguren sind bereits in der Literatur aufgeführt (Eger und das Egerland – Volkskunst und Brauchtum, hgg. v. Lorenz Schreiner, München, Wien 1988, S. 290). Demnach waren sie Bestandteil eines drei Meter breiten und zwei Meter hohen Krippenbergs, zu dem noch 80 weitere Figuren gehörten, die jedoch in Eger verblieben sein sollen. 1983 wurden die Figuren in die Bundesrepublik exportiert. Laut letztem Eigentümer erfolgten der Ankauf und die Ausfuhr nach Waldsassen über die tschechoslowakische Organisation Artia in Karlsbad. Des Weiteren soll damals vom tschechoslowakischen Aufkäufer berichtet worden sein, dass diese Krippenfiguren von einem Pfarrer aus Eger also aus einer Egerer Kirche stammten. 1986 wurden im Rahmen einer großen Krippenausstellung diese Krippenfiguren erstmals im Stiftlandmuseum Waldsassen gezeigt. Am 20.12.2012 verkaufte der Waldsassener Sammler Adolf Gläßel die Kirchenkrippenfiguren an den Bund der Egerländer Gmoin e.V.. Frau Helga Burkhardt, deren Familie aus Eger stammt, hat sich besonders für den Ankauf eingesetzt und eine Spendenaktion zur Finanzierung ins Leben gesetzt.
Der Figurenbestand der Egerer Kirchenkrippe
Die bis zu 22 Zentimeter hohen Krippenfiguren wurden aus Lindenholz geschnitzt, mit Kreidegrund versehen und farbig mit Öl- oder Kaseinfarbe bemalt. Besonders erwähnenswert erscheinen die ausdrucksstarken und dem Barock entlehnten Formen einzelner Figuren.
Wiederum andere Exemplare sind dem sogenannten Nazarenerstil zuzuordnen. Es handelt sich also um verschiedene Zeiträume und damit um eine „gewachsene“ Krippe des 19. Jahrhunderts, an der zwei bis drei Schnitzer mitgewirkt haben. Teilweise sind die Figuren an den Bodenplattenunterseiten handschriftlich signiert mit „Burkert“ oder „B“. Die zahlreichen weiß gefassten Schafe sind schlichter gearbeitet als die menschlichen Figuren. Der Bestand an Krippenfiguren setzt sich wie folgt zusammen:
Heilige Familie: 1 Doppelfigur Maria mit Kind, 1 Maria (betend), 2 Josef, 1 Kind in Krippe
Gebäude:
Bei der Stadt Jerusalem, die linker Hand auf einem hoch aufragenden Berg ein wesentliches Gestaltungsmerkmal unserer böhmischen Krippe bildet, handelt es sich um plastisch geschnitzte, bemalte Häuserzeilen und einen Wehrturm. Dieses Konvolut gehört nicht mit zum Bestand der Egerer Kirchenkrippe. Jedoch fügen sich die Gebäude hervorragend in die Krippenlandschaft ein. Diese Rarität konnte als „Zugabe“ durch den Bund der Egerländer Gmoin erworben werden.
Präsentation der Figuren und Aufbau der Krippenlandschaft
Die Zielsetzung war von Anfang an, diese herausragenden Krippenfiguren aus dem Egerland in die Dauerausstellung des Egerland-Museums am Beginn des Rundgangs zu integrieren. Die geschnitzten und bemalten Krippenfiguren stehen im Kontext mit dem Egerer Tischler- und Bildhauerhandwerk gegenüber.
Inszeniert wurde ein etwa 3,6 Meter breiter böhmischer Krippenberg in einem schützenden Vitrinengehäuse (Innenmaß H 130 cm, B 360 cm, T 90 cm).
Der Krippenaufbau erfolgte nach historischem Vorbild, was Techniken und Materialien betrifft. Es soll noch eine Archivrecherche und eine Befragung von Gewährspersonen zur Historie dieser Krippe erfolgen, zumal bislang nur der Herkunftsort Eger durch mündliche Aussagen genannt wurde. Stilistisch ließen sich die Figuren durchaus der Stadt Eger und ihrem Umfeld zuordnen.
Für das Team des Egerland-Museums unter der Leitung von Krippenbauer Albin Artmann war der Bau nach historischen Vorbildern und mit den entsprechenden Materialien und Farben eine echte Herausforderung. Traditionell wurde die hölzerne Unterkonstruktion aus Latten und Kistenbrettchen gefertigt und mit leimgetränkten Sackleinentüchern überspannt.
Es folgte das Modellieren mit einem Pappmache-Leim-Kreidegemisch. Zwischenzeitlich malte Günther Rödel, Restaurator und Künstler aus Waldershof, das passende Hintergrundbild. Abschließend wurde die Farbfassung mit Erdfarben angelegt, Glanzpunkte mit Glimmer gesetzt und als Vegetation Wacholderstämmchen und Islandmoos eingefüg
Material beim Krippenbau:
25 lfd. Meter Dachlatten, ca. 6 qm Sackleinenstoff, 5 kg Rinderknochenleim (Körnerleim), 6 kg Kreide, 1 Liter Casein, ca. 2 qm dünne Kistenbretter, Korkrinde, diverse Trocken- und Erdfarben, Glimmerflocken, Islandmoos
Die Inszenierung, der Aufbau dieser nachgestellten böhmischen Landschaftskrippe mit den Egerer Kirchenkrippenfiguren als Zeitraffer sowie die historischen Hintergründe zur Krippenkunst im Egerland können die Museumsbesucher über eine Videosequenz in unserer Museums-App abrufen.
Während des Marktredwitzer Krippenweges 2013/2014 ist das Egerland-Museum zwischen dem 26. Dezember 2013 und dem 6. Januar 2014 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet (Silvester geschlossen).